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Anfänge 1914

Geschrieben von Hartmut Rieck.

Die Sperberschule - einer der letzten "Schulpaläste" in Nürnberg

Gestatten Sie, dass ich mich vorstelle: „Volksschule Nürnberg, Sperberstraße 85 (Grund- und Hauptschule)" heiße ich im allerfeinsten Beamtendeutsch. Leichter geht mir „Sperberschule" über die Lippen und viele Ehemalige und Alteingessene sprechen mehr oder weniger liebevoll von ihrer „Sperberei".

Schulhaus Sperberstraße, 
Luftaufnahme (Bischof & Broel - Nürnberg)
 

Im Jahr 1899 wurden das Dorf Lichtenhof und der Weiler Hummelstein, beide Teile der Landgemeinde Gibitzenhof, ins Stadtgebiet Nürnberg eingemeindet. Noch zu diesem Zeitpunkt bestand das Kerngebiet des heutigen Stadtteils nahezu vollständig aus landwirtschaftlichen Flächen. Die städtische Bebauung reichte im Norden an die Wölckernstraße und war im Westen in Steinbühl entlang der Voltastraße etwa bis zur Schuckertstraße vorgerückt. Im Osten reichte die Bebauung vom Bleiweißhof über die Allersberger Straße hinausgreifend bis ans Petzenschlösschen. Noch um 1850 hatte Lichtenhof nur aus einigen Bauernhäusern um den seit 1358 bekannten Herrensitz bestanden. Als wichtige Einrichtung gab es nur die 1834 von Johann Weidenkeller initiierte Landwirtschaftsschule. Der Hummelstein, 1487 als Weiherhaus errichtet, war vornehmlich als Ausflugsziel bekannt.

Ausgehend von ersten Fabriken um 1860 im Bereich des Bleiweißviertels schob sich die Bebauung mit niedrigen Arbeiterhäusern noch vor 1900 nach Westen bis zum Dorf Lichtenhof. Von 1896 bis 1898 entstand das Siemens-Schuckert-Werk an der Landgrabenstraße und breitete sich von dort weiter nach Süden aus. 1893 begann der Bau des neuen Werks der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg (MAN). In Neulichtenhof entstanden die ersten Arbeiterwohnungen für dort beschäftigte Arbeiter.

Meine Existenz habe ich somit vor allem der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg (MAN) und dem Siemens-Schuckert-Werk zu verdanken. Der zunehmende Arbeitskräftebedarf zu Beginn des 20. Jahrhunderts ließ ausgedehnte Wohnviertel entstehen, wo sich Arbeiter und Angestellte mit ihren Familien niederließen. Da die älteren Schulen Lutherplatz und Katzwanger Straße nicht mehr alle Kinder aufnehmen konnten, wurde ich in Auftrag gegeben.

Schulhaus Sperberstraße, erste offizielle Aufnahme 
vom 30. April 1915 
(Bildstelle und Fotoarchiv der Stadt Nürnberg)

Im Dezember 1911 stellte die Königliche Lokalschulkommission wegen der starken Bevölkerungszunahme im Stadtgebietvon 142.000 auf 350.000. Im Norden begannen die Planungen für das neue Schulhaus am Bielingplatz und im Süden für das Schulhaus Sperberstraße. Die vorgeschlagenen stadteigenen Bauplätze nördlich vom Bielingplatz und südlich vom Hummelsteiner Schlösschen erwiesen sich als geeignet. Am 31. Juli 1912 wurden die Planskizzen vorgelegt, welche ursprünglich 40 normale Schulsäle vorsahen. Die Lokalschulkommission verlangte jedoch statt eines Zeichensaales und einer Schülerwerkstätte deren zwei, ferner größere Zimmer für die 8. Klassen. Der Königliche Bezirksarzt empfahl Kleiderablagen oder Ganggarderoben vorzusehen. den Antrag auf Errichtung je eines weiteren Schulhauses im Norden und Süden der Stadt. Von 1890 bis 1915 stieg die Einwohnerzahl fast auf das Dreifache:

Am 28. Februar 1913 wurden mein Bauplan und der Kostenvoranschlag in Vorlage gebracht. Der abgeänderte Bauplan sah für mich, verteilt auf ein Erdgeschoss und drei Obergeschosse, folgende Räumlichkeiten vor: 31 Schulsäle normaler Größe, 7 größere Schulsäle für 8. Klassen, 2 Zeichensäle, 1 Schulküche, 2 Schülerwerkstätten, 4 Ausweichzimmer, 2 Lehrerobmannzimmer , 1 Inspektorzimmer, 5 Lehrer- bzw. Lehrerinnenzimmer, 2 Turnhallen, die Heizer- und Hausmeisterwohnung, einen Speiseraum für Schulkinder, ein Schülerbrausebad mit Zubehör und die Räume für die Heizungs- und Lüftungsanlage.

An modernen technischen Einrichtungen sollte ich elektrische Beleuchtung, eine Niederdruckdampfheizung und Heizkörper mit selbsttätigen Temperaturreglern bekommen. An Kosten wurden für mich 1.015.600 Reichsmark veranschlagt.

Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum 2014
Bauplan Schulhaus Sperberstraße 1914 (Stadt Nürnberg, Verwaltungsbericht 1914)

Auch damals ärgerte man sich , wie der städtische Verwaltungsbericht aus dem Jahr 1913 berichtet, über die hohen Baupreise: „ Gleichzeitig hat jedoch der Stadtmagistrat am 22. April 1913 auf Antrag des Herrn Oberbürgermeisters Dr. von Schuh beschlossen, es solle in Anbetracht der hohen Baukostensummen eine Überprüfung der Kostenanschläge durch einen Ausschuss in der Richtung vorgenommen werden, ob nicht Ersparungen erzielt und durch Vereinfachung der Ausführungsweise und der Einrichtungen nicht geringere Baukosten erreicht werden könnten. Der Weiterbetrieb der Vorarbeiten und der Beginn der Ausführung solle jedoch wegen dringender Notwendigkeit der neuen Schulräume in keiner Weise aufgehalten werden."

Der Ausschuss stellte fest, dass von einer reichen oder gar luxuriösen Ausstattung nicht die Rede sein kann, und die Bezeichnung „Schulpalast" nicht zutreffend sei. Die letzten Bauausführungen seien in bezug auf Materialverwendung so sparsam, dass eine Abänderung nicht notwendig sei. Am 18. und 31. Juli 1913 nahmen der Magistrat und das Gemeindekollegium hiervon Kenntnis. Sowohl die beanstandeten Bodenfliesen als auch die großen Vorplätze bei den Treppenhäusern, die der besseren Gangbeleuchtung dienen sollten, wurden beibehalten.

Meine Unterlagen wurden der Königlichen Regierung von Mittelfranken vorgelegt und erhielten am 4. Juni 1913 die schulaufsichtliche Genehmigung. Nach Begutachtung durch die Lokalschulkommission, den Königlichen Bezirksarzt und den Verwaltungsbauausschuss wurde der Plan von den städtischen Kollegien genehmigt und der Baukredit in Höhe von 1.015.600 Reichsmark aus dem Sonderanlehen für Schulhausbauten bewilligt.

Am 15. Juli 1913 wurde mit den Bauarbeiten begonnen und am 31. Dezember 1913 waren die Maurer- und Betonarbeiten soweit fertiggestellt, dass der Dachstuhl auf dem Mittelbau aufgestellt werden konnte. Die weiteren Rohbauarbeiten und die Arbeiten des inneren Ausbaues verzögerten sich durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges und konnten nicht zum Beginn des Schuljahres 1914/15 fertiggestellt werden. Die Bauarbeiten wurden soweit gefördert, dass trotz des durch den Kriegsausbruch verzögerten Innenausbaus der Neubau nach nur 16 Monaten Bauzeit bezogen werden konnte. Gekostet soll ich alles in allem haben 793 700 Reichsmark und bin dabei noch unter dem geschätzten Kostenvoranschlag geblieben.

Gedenktafel im Schulhof


Am 9. November 1914 (die spätere Geschichtsträchtigkeit dieses historischen Datums konnten die damals Anwesenden wohl nur erahnen!) war es dann soweit: fröhliche Kinder und gestrenge Schulmeister brachten Leben in mein Gebäude, das zu den städtebaulich eindrucksvollsten und größten Schulhäusern Nürnbergs zählte. Zur genau gleichen Zeit konnte auch im Norden der Stadt das Schulhaus am Bielingplatz bezogen werden. Beide Schulhäuser mit ihren großflächigen, reichgegliederten Schauseiten, den abwechslungsreich profilierten Gebäudeflügeln, reich verzierten Giebeln, Türmchen und Eckpfeilern waren architektonische Höhepunkte und Dokumente einer bau- und bildungsbegeisterten Zeit. Sie belegten den wirtschaftlichen und kulturellen Aufstieg der Stadt Nürnberg in dieser Zeit.

Figuren über dem Haupteingang

Die wirtschaftlichen Möglichkeiten der unternehmungsfreudigen Stadt kamen der Schule dank der Bildungsinitiative des städtischen Rates, des Oberbürgermeisters Ritter von Schuh sowie des Referenten Dr. Glauning und des Stadtschulrats Konrad Weiß in vollem Umfang zugute. Die gute Zusammenarbeit von Schulbehörde und dem Nürnberger Lehrerverein förderten das Bildungsleben nachhaltig. Die Vorsitzenden des NLV Andreas Därr, ab 1915 Schulinspektor, Matthäus Meyerhöfer, von 1907-1916 Schriftleiter der Bayerischen Lehrerzeitung, unterstützten die Schulverwaltung in ihrem Bemühen, auch die Inneneinrichtung und die Ausstattung mit Lehr- und Lernmitteln den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen anzupassen.

 

Jahreszeugnis, Schuljahr 1916/17 
(Volksschule Sperberstraße)

Unter meinem ersten Schulleiter (damals „Schulobmann" genannt) Wilhelm Thoma und dessen Stellvertreter Karl Böttler erlebte ich den 1. Weltkrieg im Gegensatz zu 13 anderen Schulgebäuden, die 411 Schulzimmer zumeist als Lazarette zur Verfügung stellen mussten, ebenso unbeschadet wie die stürmischen Anfangsjahre der Weimarer Republik.

  Schulleiter und Stellvertreter der Sperberschule

Einige Räume musste ich nach dem Kriege der Haushaltungsschule, dem Kindergärtnerinnenseminar und dem Jugendhort überlassen. Ab 1925 erhielten mein Schulleiter Hans Wörner und ich sogar ein Biotop (damals hieß so etwas noch altmodisch „Arbeitsschulgarten"). Durch die 28 Arbeitsschulgärten auf dem etwa 10.000qm großen Gelände sollte der Reformgedanke der Werkerziehung in die freie Natur getragen werden. Eine biologische Abteilung diente der Veranschaulichung im Naturkundeunterricht.

Die Sperberschule ist zertifizierter Projektpartner der Musikpädagogik an der Universität Erlangen-Nürnberg.

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